Hahaha ... Eve ... ja, das ist immer die grundlegende Angst all derer, die sich etwas hart erarbeitet haben. Es könnte ja mal eine Maschine geben, die alles von allein und noch viel besser kann. Die Angst kann ich Dir aber nehmen. Es gibt sogar heute noch Menschen, die ein Bild malen, obwohl man das darauf befindliche viel effektiver, genauer und schneller auf einem Photo abbilden könnte.
Technik wird niemals Kreativität ersetzen, aber sie kann ein Instrument sein, was der Kreativität neue Möglichkeiten gibt. Andere Kulturen haben da komischerweise überhaupt keine Probleme damit. Ich war ein halbes Jahr in Japan ( und will da auch bald wieder hin ). Dort leben die Menschen in einer wirklich beeindruckenden Symbiose zwischen High-Tech und alten Traditionen. Der Japaner wechselt z.B. immer noch vor der Toilette die Schuhe, obwohl er sich dann auf ein Klo mit beheizter Brille setzt, was ihm hinterher sogar den Hintern wäscht ( um jetzt mal ein banales Beispiel aus dem Alltag zu nehmen ).
Hier übrigens 2 kleine Aufnahmen aus dem Land der aufgehenden Sonne ... Menschen in Tokyo ... beide Aufnahmen quasi aus der Hüfte geschossen ( haben deshalb in den Augen mancher sicherlich keinen künstlerischen Anspruch ). Aber die Fähigkeit, mit einer Kamera ohne jegliche Voreinstellungen ein brauchbares Photo zu knipsen ist ja auch wirklich nur ein Instrument ... eines von vielen, was man für seine Ideen nutzen kann. In diesem Falle einfach um natürliche, nicht gestellte Impressionen einer faszinierenden Stadt einzufangen. Liebe Grüße nach Düsseldorf ... is ja quasi direkt nebenan

@Eve ... was die Arbeitsplätze angeht: nicht nur auf Kreativität. Um nochmal auf Japan zurück zu kommen, dort haben die Menschen z.B. etwas, was hier verloren gegangen ist - Allgemeinsinn. Der Japaner stellt die Allgemeinheit immer höher als das Individuum ... im Beruf, im Alltag, in der Familie, im Staat, überall. Von den von der Individualität besessenen westlichen Kulturen immer als Ameisenstaat belächelt, ist die japanische Kultur bei näherem Hinsehen aber eigentlich ganz anders. Individualität ja, aber eben nicht auf dem Rücken anderer. Das spiegelt sich auch in der Arbeitsmarktpolitik wieder. Um es mal exemplarisch auszudrücken: In Japan fahren 2 Leute einen Zug - der eine, der ihn steuert und der andere, der nur hinten drin steht und dessen einzige Aufgabe es ist, sich bei jedem Fahrgast dafür zu bedanken, dass er den Zug benutzt. Bei uns hat man den zweiten längst wegrationalisiert und der erste zahlt für ihn wahrscheinlich die Sozialhilfe, wobei sich auch nur noch einer von beiden zukünftig eine Bahnfahrkarte leisten kann. Zugfahren ist dabei in Japan keineswegs teurer als hier ( und die Züge haben niemals Verspätung ) und die Gehälter auch nicht geringer ( wobei Japaner allerdings nur die Hälfte Steuern zahlen ).

Also irgendwas stimmt bei uns dann wohl nicht, oder ? Politisch lässt sich das Problem allerdings kaum lösen. Diktatur, Kommunismus ( zumindest im Osten ), Demokratie ... alles schon da gewesen und selbst das Christentum hat sich mit seiner Lehre von der Nächstenliebe schon daran versucht. Und denoch scheinen Egoismus, Rücksichtslosigkeit und die "man muss sehen wo man bleibt" und "nach mir die Sinnflut"-Menthalität als Schattenseiten der Individualität so tief verwurzelt, dass wenig Hoffnung besteht ... weil hier auch alles evolutionär von der Gesellschaft ausgemerzt wird, was anders ist.
In Japan, das Dank seiner im Grunde immer noch andauernden Isolierung, seine jahrhunderte alte Kultur bewahren konnte, ist es eben genau anders herum. Das Denken im Sinne der Allgemeinheit wird honoriert und jedes andere Verhalten sanktioniert ... und dass, obwohl Japan das echt hochtechnisierteste Land ist, was ich je gesehen habe.

So, Eve ... Du kannst das "weltverbesserliche Geschwafel" hier ruhig rauslöschen ... gehört auch nicht in dieses Forum ... kann aber nur jedem mal empfehlen, in das Land des Lächelns zu reisen ... nicht nur um Kirschblüten zu photographieren und blondierte Japanerinnen zu bestaunen ( gibt davon aber wirklich nur ein paar im Yoyogi-Park ) ... auch nicht, weil dort alles besser ist als hier ... aber man kann viele Eindrücke sammeln, die zum Nachdenken anregen. LG, Berndt

@Berndt

Ich will mich da auch noch mal kurz einmischen, wenn's gestattet ist.

Ich war nie in Japan, leider, und ich will Deine Erfahrungen keineswegs schmälern. Du kennst das sicher wesentlich intensiver als ich, aber:



Ich weiß nicht - das hatten wir hier auch schon mal (1933 - 45). Das funktioniert in Europa so nicht, und bei allem Egoismus in der Gesellschaft halte ich das Höherstellen der Allgemeinheit über das Individuum für höchst gefährlich und bedenklich. Mir ist nicht bekannt, wie der "Otto Normaljapaner" damit klarkommt, aber die Vielfalt der Individuen ist mir als Europäer, ehrlich gesagt, lieber.



Wirklich nicht?



Also ist das bei uns mit dem Individualismus gar nicht so? Dann regelt die Gesellschaft ja doch alles?

Also wie gesagt, ich habe leider nicht Deine Japankenntnisse, aber ich hoffe, Du siehst das nicht zu rosig...

@Martin,

ich glaube nicht, das Japan eine Diktatur hataber Zusammenhalt ist wohl da! Den gab es auch bei uns...nach dem Krieg. Mit immer höherem Wohlstand fiel er auseinander, deshalb glaube ich ja auch an seine Wiederkehr, denn dieser Wohlstand hat seinen Zenit bei uns überschritten wie wir alle nun wissen.
Vor fünfzehn Jahren hatte eine Gesellschaft mal was geregelt bekommen oder war es doch nur alleine oder nur mit/wegen der Politik möglich....
ich weiss, solche Diskussionen können im Hamsterrad enden geschieht auch fast immer, deshalb dankeschön für Eure Gedanken!